
“Vom privaten Düsenjet bis zum Gullydeckel habe ich alles fotografiert, was mir vor die Kamera gekommen ist.”
Interview mit dem Landschaftsfotografen Sebastian Kaps aus Dessau
Hallo Sebastian, du bist Landschaftsfotograf. Erzähl uns doch mal, wie du dazu gekommen bist.
Hallo Petra, schön, dass ich hier sein darf 😉
Ja, eigentlich habe ich eine klassisch-handwerkliche Ausbildung als Fotograf. Nach ein paar Jahren in einem kleinen Handwerksbetrieb habe ich meine Meisterprüfung absolviert und mich dann selbstständig gemacht. Ich habe Portraits und Hochzeiten fotografiert und hin und wieder auch mal ein paar Architektur- und Werbefotos aufgenommen. Nach der Wende nahm ich dann Kontakt mit verschiedenen Verlagen auf und habe Fotos für Bildbände und Reiseführer gemacht.
Mir hat es schon damals gefallen zu reisen und Orte zu fotografieren, an die ich vielleicht sonst nicht gefahren wäre. Zu dieser Zeit habe ich fast alle Fotos noch mit einer Großformatkamera aufgenommen.
Die Arbeit mit einer solchen Kamera ist sehr aufwendig, erzieht aber zum genauen Sehen. Der Film und die Entwicklung waren recht teuer – da überlegt man sich jede Aufnahme.
Neben der Arbeit für verschiedene Verlage habe ich auch deutschlandweit für größere Firmen als Werbefotograf gearbeitet. Vom privaten Düsenjet bis zum Gullydeckel habe ich alles fotografiert, was mir vor die Kamera gekommen ist.
Vor gut 10 Jahren hatte ich dann mehr zufällig im Internet einen internationalen Fotowettbewerb gefunden, der mich interessiert hat.
Foto unten: Gotisches Haus im Wörlitzer Park
Das Gotische Haus wurde von Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff 1773 entworfen und war zu seiner Entstehung ein architektonisches Novum. Nicht nur der deutsche Klassizismus hatte hier in Dessau seinen Ausgangspunkt, sondern auch die Neugotik. Dieses Haus war zu Lebzeiten des Fürsten Franz ein Rückzugsort und Domizil.


Foto oben: Leiner See, Dessau
Der Leiner See ist ein fischreicher kleiner See in Dessau Roßlau.
Was war das für ein Wettbewerb und was hat dich daran interessiert?
Es ging um Gartenfotografie – das war für mich etwas völlig Neues. Natürlich waren damit nicht nur Gärten im herkömmlichen Sinne gemeint, sondern auch Parks und Landschaftsgärten.
Da ich selbst mitten in einem der schönsten Parklandschaften Europas lebe – dem Dessau-Wörlitzer Gartenreich – überlegte ich mir spontan, bei diesem Wettbewerb mitzumachen. Ich schickte eine Fotoserie des winterlichen Georgengartens in digitaler Form an die Jury nach Großbritannien und erhielt ein paar Wochen später den Bescheid, dass ich den ersten Platz gewonnen hatte.
An einem wunderschönen Tag im Mai fuhr ich mit meinen beiden kleinen Töchtern nach London und holte mir bei der Preisverleihung in den Royal Botanic Gardens Kew das Preisgeld 🙂 sowie das Händeschütteln einiger berühmter britischer Kollegen ab.
Foto unten: Luisium, Dessau
Das Luisium ist ein Schloss und eine Parkanlage im östlich des Stadtzentrums Dessaus. Diese Anlage gibt es, weil Fürst Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau seiner Gemahlin Louise diese Anlage zu Füßen legte. Der Luisium Park wurde im 18. Jahrhundert im Stil eines englischen Landschaftsgartens angelegt. Heute ist er Teil des UNESCO-Welterbes Gartenreich Dessau-Wörlitz.

Foto unten: Weißer Bogen, Georgengarten, Dessau
Der Georgengarten in Dessau mit seinen Stieleichen, Ahorn, Linden, Hainbuchen und Robinien wurde als englischer Garten der auf Wunsch des Prinzen Johann Georg von Anhalt gestaltet. Merkmal des englischen Stils sind die Alleen, Hecken und optischen Achsen. Künstliche Ruinen wie der “Weiße Bogen” mit Sandsteinsäulen als Quaderbau lassen schon bei geringer Entfernung eine optische Täuschung entstehen. Hier macht man wirklich spannende visuelle Erfahrungen.

,Und wie kamst du dann zur Landschaftsfotografie?
Dieser Preis beim international Garden Photographer of the Year war für mich tatsächlich ein Wendepunkt in meiner beruflichen Laufbahn. Ich befasste mich mehr mit Garten- und Landschaftsfotografie, wobei der Zeigerausschlag bald mehr in Richtung Landschaft ging.
Ich recherchierte viel im Internet und stellte fest, dass es unter meinen britischen Berufskollegen zahlreiche Landschaftsfotografen gab, die scheinbar relativ gut von dem leben konnten, was sie fotografierten.
In Deutschland hielt ich das zu diesem Zeitpunkt für ausgeschlossen. Schon das Preisgeld beim Wettbewerb hatte mich verblüfft. In Deutschland gewinnt man bei Fotowettbewerben einen Gutschein für ein Jahresabo eines Fotomagazins oder etwas in dieser Größenordnung. Aber eine nette vierstellige Summe für einen ersten Preis fand ich schon recht ordentlich.
Außerdem waren die Fotos in einem hochwertig gedruckten Katalog abgebildet und hingen ja auch noch metergroß in einer Ausstellung in Kew Gardens. Also der Stellenwert von Fotografie ist in Großbritannien ein total anderer. Keine Galerie stellt in Deutschland Landschaftsfotografien aus. Vielleicht wenn die Bilder analog aufgenommen wurden, in schwarz-weiß sind und etwas merkwürdig aussehen… Aber ansonsten nimmt einen hier als Landschaftsfotograf niemand für voll.
Irgendwie ließ mich die Idee aber nicht los und ich wollte versuchen, mit meinen Fotografien Geld zu verdienen. Im Eigenverlag veröffentlichte ich einen großformatigen Kalender mit Aufnahmen aus dem Dessau-Wörlitzer Gartenreich.
Zu meiner großen Freunde verkaufte sich dieser auch richtig gut. Mittlerweile treten auch große Firmen an mich heran und produzieren mit meinen Bildern ihre individuellen Jahreskalender.
Foto unten: Tiergarten, Dessau
Der Große Tiergarten in Dessau ist heute Bestandteil des Gartenreiches Dessau-Wörlitz. Er ist durch den Vorderen Tiergarten (Größe 75ha) und dem Hinteren Tiergarten (270ha) getrennt. Ursprünglich wurde der Vordere Tiergarten als Weideland genutzt. Dann im 17. Jahrhundert wurde er in einen fürstlichen Wildpark umgestaltet.

Was machst du sonst noch so, wenn du nicht gerade Fotos für deine Kalender aufnimmst?
Vor einigen Jahren fand ich im Internet eine britische Firma, die Fotoreisen und Workshops in der ganzen Welt anbot. Die besten und bekanntesten Landschaftsfotografen arbeiten für diese Firma. Ich war von der Qualität der Fotos und von der Anzahl der angebotenen Reisen sehr beeindruckt.
Eines Tages – ich schaute mir diese Internetseite von Light and Land wieder an – wurden plötzlich auch Fotoworkshops im deutschsprachigen Raum angeboten. Ich wurde neugierig und buchte mir einen Fotoworkshop im Nationalpark Harz. Ein deutscher Amateur-Fotograf, der aber im richtigen Leben einen anderen Job hatte, führte unsere Gruppe durch die wunderschöne Landschaft, erklärte uns die Kameras und die Wirkung des Lichtes auf die Landschaft sowie die anschließende Bearbeitung der Fotos.
Das fand ich alles ganz toll und so schrieb ich ein paar Tage später dem Fotografen und auch der britischen Firma ein 5-Sterne-Google-Bewertung sowie einen wohlwollenden Blogbeitrag auf meiner Internetseite. Kurz darauf rief eine Mitarbeiterin von Light and Land bei mir an und fragte, ob ich nicht auch für sie arbeiten möchte. Sie hätten sich meine Landschaftsfotos angesehen und würden sich freuen, wenn ich auch Fotoworkshops und Fotoreisen über sie anbieten würde.
Das kam für mich völlig unerwartet: Der britische Marktführer für Fotoreisen fragte mich wegen einer Zusammenarbeit.
Leider schlief diese Zusammenarbeit nach einigen Monaten wieder ein, da vor ein paar Jahren kein Mensch in Deutschland diese Firma kannte und Light and Land aber dachte, dass sie hier genauso bekannt wie im englischsprachigen Raum sind.
Da meine eigenen angebotenen Fotoworkshops aber richtig gut gelaufen waren, wollte ich nicht so schnell aufgeben. Ich baute mir eine eigene Internetseite, lernte viel über Webdesign und vergrößerte mein Angebot an Fotoreisen und Workshops für Landschaftsfotografie jedes Jahr um ein paar Touren.
Mittlerweile mache ich das jetzt seit sechs Jahren und gehöre nun selbst zu den größeren Anbietern hier in Deutschland.
Auf meinen Touren führe ich meine fotobegeisterten Teilnehmer nach Schottland, Wales, Cornwall und in die Bretagne, nach Madeira oder auf die Färöer-Inseln. In Deutschland kann man mich auf Touren in das Elbsandsteingebirge, die Lüneburger Heide, auf die Insel Rügen, in den Harz und in das wunderschöne Dessau-Wörlitzer Gartenreich begleiten.
Und sicher kommen in den nächsten Jahren noch neue Reiseziele dazu.
Foto unten: Saksun, Färöer
Saksun ist ein Dorf auf Streymoy Island. Alte malerische Steinhäuser sind mit Rasen bedeckt und fügen sich harmonisch in das grüne Tal. Die Häuser scheinen mit der Landschaft förmlich zu verschmelzen.

Foto unten: Mykines, Färöer,
Mykines ist die westlichste Insel der Färöer. Hier leben viele besondere Vögel. Die 18 vulkanischen Inselgruppen der Färöer sind autonom und befinden sich zwischen Island und Norwegen im Nordatlantik. Politisch gehören zur dänischen Krone.

Gibt es vielleicht noch ein interessantes Projekt an dem du gerade arbeitest?
Vor ein paar Tagen habe ich etwas abgeschlossen, wovon ich schon lange geträumt habe – einen großformatigen Bildband über meine Heimat – das Dessau-Wörlitzer Gartenreich. Ich habe diesen Band im Eigenverlag herausgegeben und er ist jetzt gerade druckfrisch aus der Druckerei gekommen – bei der derzeitigen Papiersituation auf dem Markt ein kleines Wunder.
Ich denke, dass sich der Bildband hier in der Region sehr gut verkauft. Er ist ideal geeignet als hochwertiges Geschenk, aber auch Touristen werden sich dafür interessieren. Es ist zwar nicht leicht, wenn man sich selbst auch noch um den Vertrieb kümmern muss, aber es macht auch Spaß. Ich bin da sehr zuversichtlich.
Foto unten: Old Man of Storr, auf der trotternischen Halbinsel der Isle of Skye in Schottland
Der bizarre Fels ragt aus einem grünen Hügel. Von diesem Hügel hat man einen phantastischen Blick auf den “Sound of Raasay”, der Meerenge nordwestlich von Manish Island, Schottland.

Über welche Internetadresse kann man dich eigentlich erreichen und deine Bilder sehen bzw. deinen Bildband erwerben?
www.photoworkshops-photoreisen.de
Vielen Dank für das nette Gespräch und viel Erfolg auch weiterhin mit deinen Fotoreisen.
Dankeschön.
Nimm doch deine Kamera und komm einfach mit 😉
Foto rechts: “Das Dessau-Wörlitzer Gartenreich”, Format 25 x 30 cm, mit 200 farbigen Fotografien

Sensationell! Sind die Fotos von ihm? Dir gute Besserung!
Danke, ja die Fotos sind von mir. Die Fotos meiner Workshopteilnehmer sehen aber nach dem jeweiligen Fotoworkshop genauso aus. Einfach mal ausprobieren 😉
Ich bin begeistert, sehr eindrucksvolle Fotos!!
Hoffentlich ist Dein Arm bald wieder in Ordnung, liebe Petra!
Alle guten Wünsche für das neue Jahr!
LG Sabine
Liebe Petra
Das mit dem Arm ist wirklich Pech – viele gute Besserungswünsche meinerseits. Zudem hoffe ich auch, dass es bis zum Frühling ziemlich überstanden ist – so von wegen “im Garten grüble” . . .!
Den Artikel “Die Schönheiten der Landschaften” habe ich jetzt gerade “nur schnell überflogen”, ich werde mich aber bald “darin vertiefen”, denn das, was ich wahrgenommen habe, macht enorm gluschtig.
LG – Regula
Liebe Petra,
Was für tolle Fotos. Der Park als Winterwunderland ist phantastisch.
Danke für das Interview mit dem Fotographen. Eine tolle Erfolgsgeschichte.
Alles Gute und viel Glück
Ute