GARTENFOTOGRAFIE LEICHT GEMACHT - DIE 5 WICHTIGSTEN TIPPS
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- vor 2 Tagen
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Aktualisiert: vor 18 Minuten

Foto: Sylvia Knittel
Mit offenen Augen durch die Natur
Gärten sind stille Rückzugsorte, lebendige Naturinseln und eine unerschöpfliche Quelle für Inspiration. Wer versucht hat, ihre besondere Stimmung in einem Foto festzuhalten, weiß: So leicht ist das nicht. Licht, Perspektive, Farben und Strukturen – all das will gesehen, gefühlt und im richtigen Moment eingefangen werden.

Sylvia Knittel weiß genau, worauf es ankommt. Sie ist leidenschaftliche Naturfotografin, Mitgründerin und Geschäftsführerin des campus botanicus – einer Plattform für alle, die Natur und Garten lieben.
Gemeinsam mit zwei Garten-freundinnen hat sie den campus botanicus zu Beginn der Corona-Pandemie ins Leben gerufen.
Seitdem ist daraus ein lebendiger Ort für Onlinekurse, Vorträge, Austausch und Inspiration rund um Gartenwissen und kreatives Gestalten mit Pflanzen geworden.
Nach vielen Jahren in der Unternehmenskommunikation hat Sylvia 2022 die Entscheidung getroffen, sich ganz ihrer Leidenschaft zu widmen: der Fotografie und dem campus botanicus.
Ihre Motive findet sie draußen, bei Streifzügen durch wilde Gärten, Landschaften, oder unterwegs auf Reisen – immer mit Kamera oder Pflanzenbestimmungs-buch im Gepäck.
Viele ihrer eindrucksvollen Aufnahmen kennt ihr bereits aus unserem Blog, zum Beispiel das Große Staudenband im ega-Park – in Szene gesetzt mit einem ganz besonderen Blick für Licht, Struktur und Atmosphäre.
Sylvia hat über die Jahre ihren eigenen Stil entwickelt, der die Charakteristik von Pflanzen und Gärten auf eine ruhige, klare Weise sichtbar macht. Sie gibt regelmäßig Fotokurse und Workshops zur Gartenfotografie – von Intensivkursen zur Kameratechnik bis hin zu Fototagen in den schönsten Gärten, bei denen es vor allem um den gemeinsamen Blick, das "Sehenlernen" und die Freude an der Natur geht.
Und das Beste: Man muss keine Profiausrüstung besitzen, um gute Fotos zu machen. Auch mit dem Handy lassen sich stimmungsvolle Gartenbilder einfangen – wenn man ein paar Dinge beachtet. In diesem Blogbeitrag verrät Sylvia ihre fünf wichtigsten Regeln für bessere Gartenfotos.
Also: Handy oder Kamera bereithalten, raus in den Garten – und los geht’s!

Foto: Petra auf Motiv-Suche im ega-Park, Foto: Leonie
Die fünf Grundregeln der Gartenfotografie
Die meisten modernen Kameras können im Grunde alles. Auch die Handys sind mittlerweile auf einem recht guten Standard. Die Technik macht es möglich, aber die meisten wollen sich nicht intensiv damit beschäftigen, sondern einfach Fotos machen. Die gute Nachricht: Vieles geht auch so, denn der Schlüssel zu guten Bildern liegt in erster Linie darin, ein gutes Motiv zu finden und dieses richtig in Szene zu setzen.
In fünf Schritten führe ich Dich zu einer bewussten Art der Fotografie, die Deine Bilder sofort besser macht – egal womit Du fotografierst.
1. Das Motiv finden
Meine erste Regel lautet immer: Nicht einfach in den Garten stürmen und losknipsen. Gibt Dir Zeit dafür, den Garten zu entdecken, dann entwickeln sich die Motive von ganz alleine. Zeit und Muße lassen Dich jeden Garten viel intensiver erleben und genießen. Komme erst einmal an und erkunde den Garten und seine Umgebung, lass alles auf Dich wirken. Sprich vielleicht mit den Eigentümern des Gartens oder mache eine Führung mit. Das hilft dabei, den Charakter zu analysieren und schon viele schöne Motive zu entdecken, die Du später fotografierst.
Was gefällt Dir sehr, was weniger? Hat der Garten oder das Beet eine Kernaussage? Wie ist er gestaltet? Zum Beispiel: bunt, monochrom, wild, formal? Gibt es bewusste Sichtachsen im Garten und was gibt es dort zu sehen, wenn das Auge den Sichtachsen folgt? Wo ergeben sich schöne Höhen- und Tiefenstaffelungen? Gibt es eine geborgte Landschaft, einen besonderen Blick, besondere Pflanzen?
Übrigens gilt diese Ruhe auch für Deinen eigenen Garten: Versuche, ihn immer wieder neu zu entdecken, den Wechsel der Jahreszeiten und die verschiedenen Pflanzen, die wie auf einer Bühne abwechselnd ihren großen Auftritt haben. Immer wieder findest Du so auch in Deinem eigenen Garten neue Perspektiven.
Bei diesem Bild fiel mir ganz markant das gelbe Laub des Silphium auf, das in der gerade aufgehenden Sonne wie ein gelbes Leuchtfeuer im Beet stand. Dennoch wollte ich es im Kontext mit den anderen Farben des Beets zeigen.
Fotos: Sylvia Knittel, hier auf der Staudenwiese
2. Die Bildaussage entwickeln
Das klingt hochgestochen, aber die Bildaussage macht die Bildkomposition einfacher, denn Du weißt dann, was Du im Foto haben willst – und was nicht!
Wenn Du an einer Stelle unbedingt die Kamera zücken willst, dann frage Dich zuerst, warum Dich die Szenerie so anspricht? Was willst Du mit dem Bild zeigen? Dann weißt Du auch, welche Kernelemente ins Bild müssen, weil sie sie Aussage und Deine Idee des Bildes unterstützen.
Hier zum Beispiel haben mich die Farbkombinationen beeindruckt – warme Gelb- und Rottöne und das klare Weiß.

Foto: Sylvia Knittel, Planung Petra Pelz
Und hier wollte ich das Meer an Buschwindröschen und den Ort (unter Laubbäumen) zeigen. Dieses Foto ist übrigens ein Handyfoto!

Foto: Sylvia Knittel
So kannst Du Dich ganz auf das Motiv und die Bildkomposition konzentrieren. Das ist der erste Schritt vom Knipsen zum Fotografieren.
3. Welcher Bild-Ausschnitt darf es sein?
Der Ausschnitt, den Du wählst, ist der Rahmen, innerhalb dessen Du die Bestandteile des Bildes anordnest. Du hast dafür mehrere Möglichkeiten.
Du wählst den Ausschnitt mit Hilfe Deiner Beine
Sprich, Du gehst näher ran oder weiter weg, etwas links oder rechts, hoch oder runter. Das ist für mich das wichtigste Kriterium bei der Wahl des Ausschnitts. Oft erschließe ich mir ein Motiv, indem ich darum herumlaufe und mir die beste Perspektive auswähle. Habe den Mut, viel näher ans Motiv ranzugehen! Deine Beine sind das beste Teleobjektiv. Für die Fotografie mit dem Handy gilt das doppelt! Bei dem vorhin gezeigten Foto mit den Buschwindröschen habe ich genau das gemacht: Ich habe so lange herumgezirkelt, bist ich ein paar schöne Blüten im Bild hatte und alle anderen störenden Elemente verschwunden waren.
Du wählst den Ausschnitt mithilfe des Objektivs und des Zooms
Fotografen sagen dazu Brennweite. Die Brennweite beeinflusst das Motiv und den Bildausschnitt. Mit dem Weitwinkel erreichst Du einen breiten Blickwinkel, alles wirkt weiter auseinander und kleiner. Mit dem Teleobjektiv bringst Du das Entfernte näher heran und verdichtest die Bildebenen. Beide Effekte können gewünscht sein, können aber auch kontraproduktiv sein, zum Beispiel wenn beim Weitwinkel zu viel Unordnung im Bild ist oder große Bäume plötzlich winzig wirken.
Hier ein Beispiel mit zwei ähnlichen Perspektiven
Weitwinkel: Es zeigt den Überblick und den Hintergrund aus der normalen Perspektive im Stehen. Es ist schwer, überflüssige und störende Details wie Menschen und Springbrunnen wegzubekommen, der Blick verliert sich im Bild und die Bildaussage ist nicht klar.

Foto: Sylvia Knittel
Komprimiert mit Hilfe des Teleobjektivs: Der Cornus kommt zu voller Wirkung, die störenden Details gehen in der Konzentration der Pflanzenmasse unter. Ich musste dafür nur die Perspektive und die Brennweite ändern und etwas in die Hocke gehen, um die Staffelung der Pflanzen voll ins Bild zu bekommen.

Foto: Sylvia Knittel
Ein Hinweis dazu für alle Handyfotografen: Viele Handys haben mehrere Linsen in verschiedenen Brennweiten. Nutze diese. Bitte lass die Finger vom Zoomen mit dem Finger, denn damit macht die Kamera nur einen Ausschnitt auf dem ohnehin schon winzigen Sensor – die Bildqualität wird unterirdisch.
4. Der Bildaufbau: Aufteilung in der Fläche
Die klassischen Regeln der Bildaufteilung geben Dir eine Hilfestellung, wo Du das Motiv platzierst, um interessante Fotos zu machen. Am bekanntesten ist die Drittelregel, die das Bild in neun gleichgroße Felder aufteilt.
Die meisten setzen das Motiv ganz automatisch in die Mitte des Fotos, das ist absolut am langweiligsten. Versuche, ein Motiv an einer anderen Position im Bild zu platzieren, z.B. bei den Schnittpunkten der Linien in der Drittelregel oder setze es ganz nach außen. Du wirst staunen, wie das Foto plötzlich Dynamik und Spannung bekommt.
Bei den meisten Kameras (auch bei Handys) lassen sich Raster im Sucher einstellen, die zunächst eine gute Unterstützung sind. Die Raster sind aber nur ein Anhaltspunkt und eine Erinnerung, aber kein Muss! Zu viel vom Selben ist auch langweilig. Zudem hängt die Bildgestaltung immer auch vom Motiv ab. Denn manchmal ist mittig einfach schön.
Das hier ist mein Lieblingsbeispiel, das ich immer wieder zeige – weil es so aussagekräftig ist. Im Bild mit dem mittig gesetzten Allium stimmt fast gar nichts. Mit Beschnitt wird die Kugel auf die Kreuzung der Linien im Raster gesetzt. Die weißen überbelichteten Teile des Himmels verschwinden, der dicke Busch wird angeschnitten und ist nicht mehr so präsent und das Abendlicht kommt richtig zur Geltung. Beim nächsten Mal gleich beim Fotografieren daran denken!
Fotos: Sylvia Knittel
Hier habe ich den goldenen Schnitt angewendet, der das Bild harmonisch und ruhig wirken lässt. Die Farbe ist unten, Baum und Strauch sind links und rechts gruppiert und die Mitte führt in den geheimnisvollen Hintergrund.

Foto: Sylvia Knittel
Hier zum Beispiel ist mittig gut, weil links und rechts genug unterschiedliches passiert, vor allem das Licht oben hat gewaltige Kontraste von Sonne bis tiefem Schatten. Eine nicht mittige Anordnung der Lücke hätte das Bild aus der Balance gebracht. Glaube mir, ich habe es probiert!

Foto: Sylvia Knittel
5. Blickführung anhand von Strukturen entwickeln
Nun hast Du Dir überlegt, welches Motiv Du haben willst, aber irgendwie passt es noch nicht ganz und sieht langweilig und flach aus. Dann fehlt ihm das Raumgefühl.
Die Blickführung ist wichtig für den Bildaufbau. Sie leitet das Auge in das Bild und auf das Hauptmotiv. Versuche daher, im Motiv Strukturen zu erkennen und diese mit Hilfe der Bildgestaltungsregeln in Szene zu setzen.
Strukturen sind zum Beispiel:
Führungslinien wie Wege oder Pflanzbänder, Rasenkanten
Strukturkontraste wie weich und hart, horizontal und vertikal, rund und eckig/gerade
Unterschiede in Vordergrund und Hintergrund
Dieses Bild besteht fast nur aus Linien. Bitte beachte, dass ich den Weg nicht in die Mitte gesetzt habe, dafür die Linie der Bänke durch die Mitte führt. Die strenge Dynamik wird durch die üppigen und weich geschwungenen Pflanzen auf der Seite gebrochen.

Foto: Gräsergarten im ega-Park, Sylvia Knittel, Planung Petra Pelz
Auch hier führt ein „Weg“ in den Dschungel hinein, nur dass dieser aus Allium besteht. Die Kugeln kontrastieren toll mit den vertikalen anderen Pflanzen.

Foto: Sylvia Knittel, Planung Petra Pelz
Für das Raumgefühl kannst auch einen (unscharfen) Vordergrund ins Bild nehmen. Das heißt, Du musst ganz nah an den Vordergrund gehen, bis Du fast daran stößt, das funktioniert auch mit dem Handy. Das sieht Du bei dem allerersten Beispiel, bei dem nur das Hauptmotiv (Silphium) scharf ist und alles andere unscharf.
Den Hintergrund kannst Du ebenfalls unscharf machen, wenn Du eine Pflanze herausheben willst. Das hast Du bei dem Beispiel weiter oben mit dem Allium gesehen. Mit dem Handy geht das nicht sehr gut wegen des kleinen Sensors, aber es gibt Portraitprogramme, die allerdings filigrane Pflanzen nicht zuverlässig erkennen. Mit der größeren Kamera mit einem Teleobjektiv hast Du dafür alle Möglichkeiten, weiche Vorder- und Hintergründe zu erzeugen.
Auslösen nicht vergessen! ;)
Nun bist Du fertig mit Deinem Foto. Herzlichen Glückwunsch!
Mit etwas Übung meisterst Du diese fünf Stufen bald selbstverständlicher und intuitiv, fotografierst viel bewusster und machst bessere Fotos. Ich wünsche Dir viel Freude beim Fotografieren.
Danke liebe Sylvia, für die zahlreichen Tipps! Wir hoffen, ihr habt Lust bekommen selbst loszulegen – sei es im eigenen Garten, im Park oder unterwegs. Mit Geduld und Blick fürs Detail entstehen Bilder, die mehr sagen als tausend Worte. 🌿
Viel Freude beim Ausprobieren und Fotografieren-
Petra & Leonie
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